Einige Beispiele warum dieses Buch eingezogen werden müsste und nicht als Vorlage für den Unterricht dienen sollte:

3.7 Außen und Sicherheitspolitik

Aus dem Buch, S 80 (...)In der Praxis bedeutet das, die EU schickt nichtmilitärische Hilfsmannschafen in Krisengebiete (...) Wenn es notwendig ist, beteiligt sich die Europäische Union aber auch mit militärischen Truppen an Einsätzen, um in Krisengebieten für die Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen. Im Extremfall kann dies auch zur Teilnahme an Kampfeinsätzen führen.

(...) Der Einsatzbeschluss muss von den EU-Regierungen einstimmig getroffen werden. Ein Mandat von den Vereinten Nationen wird angestrebt, ist aber nicht Bedingung. Die EU-Eingreiftruppen sollen im Notfall auch für eine rasche Evekuierung von EU-Bürgern aus einer Krisenzone sorgen.

Hier ist demokratierechtlich bedenklich, dass die sicherheits- und verteidigungspolitischen Beschlüsse durchgehend wenn nicht vom Europäischen Rat vom Rat einstimmig gefaßt werden, dass also das demokratische, besser: republikanische Parlamentsprinzip für die existenzielle Sicherheits- und Verteidigungspolitik beiseite geschoben wird. Die mitliedstaatlichen Parlamente sind bei der Regelung der Sicherheits und Verteidigungspolitik in Zukunft ausgeschaltet, weil ihnen insgesamt die hinreichende Verhandlungs-, Kompromiß- und Entscheidungsfähigkeit (miteinander) fehlt. Das ist mir dem demokratischen Prinzip nicht vereinbar.

Weiters wird die immerwährende Neutralität Österreich durch den Artikel 28a Abs. 1 EUV beinahe (ohne Legitimation) abgeschafft:

"Die in Artikel 28a Abs. 1 vorgesehenen Missionen, bei deren Durchführung die Union auf zivile und militärische Mittel zurückgreifen kann, umfassen gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen, humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Aufgaben der militärischen Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens sowie Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Mit allen diesen Missionen kann zur Bekämpfung des Terrorismus beigetragen werden, unter anderem auch durch die Unterstützung für Drittländer bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet."

Mit dieser Regelung gibt sich die Europäische Union ein begrenztes i us ad bellum - das Recht zum Krieg. Sie umfaßt auch Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich friedenschaffender Maßnahmen, Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Das ist ein Umschreibung von Kriegen. Missionen können zur Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführt werden, auch um Drittländer bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet zu unterstützen. Auch das soll nach dem Vertrag von Lissabon Kriege rechtfertigen, jedenfalls militärischen , also kriegerischen Beistand. Terrorismus ist ein schwer definierbarer Begriff. Mit dem Begriff des Terrorismus in einem Drittland läßt sich der Einmarsch in dieses Drittland und die Besetzung des Drittlandes rechtfertigen. Die gegenwärtige Politik der Vereinigten Staaten von Amerika und die völkerrechtliche Debatte, welche diese Politik auf sich gezogen hat, geben Auschauungsmaterial und Argumentationsgrundlagen. Diese Friedenpolitik genannte Außen u. Sicherheitspolitik hat sich offen von dem Nachkriegsparadigma des Gewaltverbots (Art. 2 Abs. 1 Charta der Vereinten Nationen) gelöst.

Mit dem Artikeln 28a bis e EUV schafft der Verfassungsvertrag die rechtlichen Voraussetzungen anstelle der USA als Groß- oder Weltmacht zu agieren. Die militärische Aufrüstung zielt auf diese Entwicklung.

Durch die Integration in die Europäische Union hat sich der außen. und sicherheitspolitische Status Österreichs entgegen dem Bekenntnis "immerwährender Neutralität" (Art. 9a Abs. 1 S. 1 B-VG) grundlegend verändert und verändert sich durch den Vertrag von Lissabon weiter. Das ist ein Paradigmenwechsel österreichischen Politik von existenzieller Relevanz, welche mit dem Baugesetz immerwährender Neutralität Österreichs unvereinbar ist.

Das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die immerwährende Neutralität Österreichs "nach Schweizer Muster" steht nach wie vor in voller Geltung und es kann gegenwärtig rechtsgültig weder geändert, noch beseitigt werden, auch nicht durch eine Volksabstimmung nach Art. 44 Abs. 3 B-VG.

Es vollendete erst - jeglichen innerösterreichischen Verfasssungsfragen vorausgehend - die schon vor Ende des Zweiten Weltkrieges mit der Unabhängigkeitserklärung Österreichs vom 27. April 1945 (StGBI Nr. 1) eingeleitete Phase der konstituellen Wiederherstellung der Zweiten Republik als freien und unabhängigen Staat unter Beedigung der Fremdbesetzung ihres Staatsgebietes durch die vier allierten Siegermächte im Wege des "Moskauer Memorandums" vom 15. April 1955 und des diesem folgenden Wiener Staatsvertrags vom 15. Mai 1955 (BGBI Nr. 152).

Damit erst erlangte die Republik ihre voll handlungsfähige, souveräne Staatsqualität. Das Neutralitätsverfassungsgesetz gehört sohin zu dem Komplex der dem heutigen Bundesverfassungsrecht vorgelagerten und dessen volle Geltung erst bewirkenden Staatsgründungsakten der Zweiten Republik. Der 26. Oktober wurde denn auch in ausdrücklicher Erinnerung an dieses staatsfundamentale Ereignis zwölf Jahre später zum Nationalfeiertag im ganzen Bundesgebiet erklärt. Und zwanzig Jahre später wurde die immerwährende Neutralität auch noch unter den besonderen Schutz der auch für sich in alle Zukunft weisenden verfassungsrechtlichen Staatszielbestimmung der "umfassenden Landesverteidigung" gestellt. Art 9a B-VG sagt: "Österreich bekennt sich zur umfassenden Landesverteidigung, Ihre Aufgabe ist es , die Unabhängigkeit nach außen sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebiets zu bewahren, insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität.

Kapitel 2.1: Die Europäische Union ist kein Staat, sondern eine Gemeinschaft von Staaten. Dennoch hat sie staatsähnlich Institutionen. Sie sind für das demokratische Funktionieren notwendig. Durch eine Aufteilung der Macht auf mehrere Institutionen ist ein gegenseitige Kontrolle gewährleistet. In einem Staat würde man von der "Gewaltenteilung" zwischen Regierung , Parlament und unabhängigen Gerichten sprechen. In der EU teilen sich die Macht hauptsächlich vier Institutionen: Der Rat der EU, Das EU-Parlament, Die Europäische Kommission und der EU-Gerichtshof usw.

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Die Kommission, welche die Gesetze vorschlägt, hat keine demokratische Legitimation, der Ministerrat als Gesetzgeber ebensowenig. Er besteht aus Mitgliedern der nationalen Regierungen, also der Exekutive. Diese sind nicht gewählt und auch in keiner Weise an die Aufträge ihrer nationalen Parlamente gebunden. Der Ministerrat beschließt Gesetze unter Ausschluß der Öffentlichkeit - ein weiterer Verstoß gegen ein elementares Verbot der Demokratie. Das EU-Parlament hat fast ausschließlich "beratende Funktion" und verdient diesen Namen in keiner Weise.

Ein Grundrechtstext ist klassischer Bestandteil eines Verfassungsgesetzes, welches ein Volk zum Staat verfaßt. Außerdem regelt ein Verfassungsgesetz die Ziele, Aufgaben und Befugnisse eines Staates und die Organisation des Staates, welche gewaltenteilig sein muss, um einer Verfassung der Freiheit und des Rechts zu genügen. Die organisationsrechtliche Verfassung (im funktionalen Sinne) enthalten die Verträge der Union. Dennoch werden diese Verträge im Gegensatz zur Auffassung des Gerichtshofs der EU und einer früheren, inzwischen nicht wiederholten, Äußerung des Bundesverfassungsgerichts nicht als Verfassungsgesetz angesehen, weil sie die EU nicht zu einem Staat, einem Bundesstaat, und die Unionsbürger nicht zu einem Volk im staatrechtlichen Sinne integrieren würden. Jedenfalls ist die Union trotz deren existenzieller Staatlichkeit kein existenzieller Staat; denn sie verfaßt kein Unionsvolk. Es hat niemals eine Staatsgründung der EU gegeben.

Aber mit der Charta der Grundrechte vertieft die EU ihre existenzielle Staatlichkeit. Unbeirrt gehen die Integrationisten den Weg zum Großstaat Europa weiter, freilich ohne alle Völker zu fragen, ob diese das wollen. Die Charta der Grundrechte verfolgt seit ihrer Proklamation den Zweck, die existenzielle Staatlichkeit der EU zu festigen.

Grundprinzip des Unionsrechts wird nach der 17. Erklärung der Charta der Grundrechte der Vorrang des Gemeinschaftsrechts. Aber das letzte Wort in Sachen des bedarf einer starken demokratischen Legitimation durch das Volk, in dessen Namen Recht gesprochen wird. Nur einem existenziellen Staat steht das letzte Wort in Sachen des Rechts zu. Dazu müsste aber der Bundesstaat EU erst geschaffen werden.

 

 

 

 

 

Wolfgang Böhm - Otmar Lahodynsky: EU FOR YOU! - So funktioniert die Europäische Union